Wir sind nicht reif fürs Internet

01. Juli 2018 | Gundula Schielicke

Unserer Kontrollsucht unterliegende Datenschutzbestimmungen. Ein meinungsunterdrückendes Urheberrechtsgesetz. Die DSGVO und die bevorstehende Urheberrechtsreform sind ein beredtes Zeugnis unseres psychischen Zustandes. Wir gängeln, bevormunden und manipulieren einander schon immer. Jetzt verbieten wir einander immer mehr. Wir kontrollieren einander immer mehr. Wir setzen einander immer perfekter unter Druck.

Es ist bemerkenswert, dass wir Verordnungen erlassen, die nicht einmal die Fachleute eindeutig nachvollziehen können. Sollten wir nicht besser den ersten Schritt vor dem zweiten tun? Also zuerst eine für alle verständliche, nachvollziehbare und angemessene Verordnung erstellen und sie dann zu geltendem Recht machen.

Wir blockieren uns mit unserer Gesetzgebung selbst und legen uns selbst lahm. Von einem Tag auf den anderen stehen kleine Unternehmer mit einem Bein im Aus. Die meisten von uns sind spätestens seit Mai damit beschäftigt, die DSGVO zu verstehen und umzusetzen. Die Ansätze für diese Verordnung sind gut und richtig, aber die daraus entstandenen Forderungen und Festlegungen sind aus psychologischer Sicht sehr bedenklich. Gut gemeint, aber völlig übers Ziel hinausgeschossen – und wird das eigentliche Problem der Ausspionierung übers Internet nicht lösen. Probleme lösen wir nicht mit Angst, sondern mit Besonnenheit und klarem Kopf. Probleme lösen wir auch nicht mit lautem Getöse, sondern in der Stille. Immerhin ein Gutes hat diese Aktion: viele sind sich dadurch des widerrechtlichen Umgangs mit ihren Daten überhaupt erst einmal bewusst geworden. Auch das Urheberrecht zu schützen ist wichtig. Nur, wenn wir die Gelegenheit nutzen, unliebsame Meinungen zu unterdrücken, dann ist auch das sehr bedenklich.

Was war nochmal so schlimm an der DDR? Wir hatten keine Meinungsfreiheit und wurden ausspioniert. Ah ja. Da sind wir ja jetzt wesentlich weiter. Gebt euch keiner Illusion hin: Wir sind dieselben Menschen. Es ist völlig egal, ob wir Sozialismus oder Kapitalismus spielen. Ob wir Christ oder Atheist sind. Egal, was wir denken, was wir sind, wir sind vor allem eins: Wir sind engstirnig und hartherzig. Wir sind engstirnig, weil wir hartherzig sind. Das ist unser Menschsein. Das ist unser menschlicher Entwicklungsstand. Wir unterdrücken andere und wir lassen uns unterdrücken.

Unsere menschliche Natur widerspiegelt sich in allem, was wir tun. Wir können offline nicht nett miteinander umgehen. So können wir es online natürlich auch nicht. Die sozialen Netze sind voll von beleidigenden, herabwürdigenden Posts und Kommentaren. Die Idee der sozialen Netze ist toll. Menschen miteinander zu verbinden. Dumm nur, dass wir uns voneinander abgrenzen und gegeneinander kämpfen müssen. Oder wir jammern. Aber das ist auch eine Art Kampf und hilft uns nicht weiter. Wir sind nicht sozial. Wir scheitern immer und überall an unserem Menschsein.

Angst bestimmt unser Leben. Wir sind zerfressen von Angst. Wir wittern überall Feinde. Unsere Psyche ist im Ausnahmezustand. Im Moment erreicht das gerade wieder einmal eine Hochform. Wir führen bürokratische Kriege gegeneinander. Wir kriminalisieren einander.

Wir verbieten einander das Leben.

Wir sind nicht reif fürs Leben.

Ein Gespenst geht um auf dieser Welt:

 ANGST

Das ist unser Problem. Damit sollten wir uns befassen. Wenn wir möchten, dass es uns gut geht. Im Moment tun wir alles dafür, dass es uns nicht gut geht.

Eine kleine, aber sehr nützliche Übung für diejenigen, die auch keine Lust mehr auf unser absurdes Theater haben. Genau darum geht es auch bei der Übung. Theater. Tritt einen Schritt hinter dich und sieh dir an, wie die Menschen, auch du selbst, handeln, so als wärst du im Theater. Einfach nur wahrnehmen. Nicht aufregen, nur wundern. Und vor allem: selbst nicht mehr mitmachen.

Ja, richtig. Die Übung stammt nicht von mir. Beliebt in der Coachingszene. Üblicherweise mit der Vorstellung, sich uns wie auf einer Kinoleinwand anzusehen. Ich finde das Bild vom Theater passender. Aus mehreren Gründen 🙂

5.7. Die Urheberrechtsreform ist gestoppt. Respekt. Das gibt Hoffnung. Dass Einspruch wahrgenommen wird und Wirkung zeigt. Dass Politiker doch zum Innehalten gebracht werden können. Seien wir gespannt, wie die Sache weitergeht.

Wünschenswert wäre, wenn auch der feindselige Ton aus der EU-Datenschutzverordnung genommen werden würde. Wenn wir den Kampf gegeneinander mal weglassen und uns rein sachlich damit befassen, dann ist die Sache gar nicht so schlecht. Da es aber in Bereiche hineingeht, die für viele ein Buch mit sieben Siegeln ist, wirkt es allerdings wie eine ABM für IT-Menschen. Auch für Juristen, aber selbst unter denen herrscht Unklarheit über die Gesetzeslage. Wir sind im Moment der Zauberlehrling, der die losgetretenen Kräfte nicht beherrscht.

© 2018 Gundula Schielicke, Transformationscoach und Lehrerin für (mit) Herz und Verstand

Ich unterstütze mit meiner Arbeit Menschen, die ihren inneren Frieden finden und damit ein glückliches und erfülltes Leben führen möchten und die bereit sind, dafür sich selbst zu verändern. Ich freue mich darauf, dir mit Beratung, Coaching, meinem Onlinekurs NEUSTART und mit meinem Buch dabei zu helfen. Innerer Frieden ermöglicht äußeren Frieden.

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